Verkehrsflusssimulation

Die
Mobilität im ländlichen Raum des Flächenbundeslands Niedersachsen stellt besondere
Herausforderungen an die Planung. Gemäß einer Studie zur Mobilität der Uni
Kassel werden im ländlichen Kreisen Deutschlands täglich 42 km pro Person etwa
17% mehr Kilometer zurückgelegt als in den Kernstädten. In Gemeinden, in denen
weniger als 5.000 Einwohner leben, werden dabei zwei Drittel aller Wege mit dem
privaten Pkw zurückgelegt[1].
Für die Planung ergeben sich hierbei besondere Herausforderungen, sowohl im
Bereich der Verkehrsflusssimulation in kommunalen Zentren als auch zwischen
diesen und dem Einsatz von verschiedenen Mobilitätskonzepten und Strategien.
Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur hat diesen
Bedarf  erkannt und einen
Planungsleitfaden für Handlungsmöglichkeiten von ÖPNV-Aufgabenträgern und
Verkehrsunternehmen herausgegeben[2].

In
diesem Explorativ-Projektes soll aufbauend auf diesen Empfehlungen die
Erhebung, Analyse und Prognose der Verkehrsnachfrage unter besonderem Einbezug
der wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und sozialen Wirkungen des Verkehrs in
der Region mit Fokus auf nachhaltige Mobilität sein. Hierfür sollen zusätzlich
zu bewährten Methoden (wie etwa Petri-Netze, Hidden Markov-Modelle, Flux-Based
Analysen, statistische Modellierungen) und Tools der Verkehrsflusssimulation
(wie etwa SimFlex) Forschungsansätze aus der Systembiologie evaluiert und
eingesetzt werden.

Charakteristisch etwa für die Simulation von komplexen
Pathyways oder Signal-Transduktionsnetzwerken in lebenden biologischen Systemen
sind der hohe Grad an unvollständigen oder mit Rauschen oder Fehlern behafteten
Daten und ein hoher Grad an Verschränkung und wechselseitiger Beeinflussung der
Akteure. Diese Eigenschaften, sowohl hinsichtlich der Datenbasis als auch
bezüglich der Modellierungsanforderungen, sind in der Regel auch typisch für
die Verkehrsflusssimulationen. Die speziell für solche Netzwerke entwickelten
heuristischen und prädiktiven Methoden aus dem Bereich des machine learning
sollen nun hinsichtlich einer komplementären Ergänzung zu deterministischen
oder statistischen Modellierungsmodellen untersucht werden und so die
besonderen Herausforderungen der Verkehrsflusssimulation in der Region und
darüber hinaus adressieren. Als weiterer neuer Ansatz sollen die Arbeiten von
Barabási  et al. bei der Modellierung
Einfluss finden. Sie konnten zeigen, dass Netzwerke Eigenschaften besitzen, die
sich in verschiedensten biologischen oder sozialen Systemen wiederfinden[3],
[4].
Eine zusätzliche Reduktion komplexer Systeme als auch eine Mustererkennung in
Verkehrsflusssystem mittels Netzwerkeigenschaftsanalysen verspricht sowohl für
die Modellierung als auch für die Übertragung in praktische Anwendungen einen
Gewinn.

Prof. Dr. Schmidt


[1]
Bertocchi, T.; Weißhand, M.: ÖPNV im ländlichen Raum sichern. In: DER
NAHVERKEHR, Ausgabe 11/2011, S. 14-21, Alba Fachverlag, Düsseldorf, 2011

[2]
Sommer et al (2016), Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur
(BMVI): Mobilitäts- und Angebotsstrategien in ländlichen Räumen

[3] Barzel B, Barabási AL. Universality
in network dynamics. Nat Phys. 2013;9:673–81. doi: 10.1038/nphys2741. PMID:
24319492; PMCID: PMC3852675.

[4]
https://barabasi.com/book/network-science